Anzeige
Astronomie/Kosmologie

Stierschädel mit Sternenbezug

Himmelswissen der Steinzeit älter als gedacht

Den steinzeitlichen Ritualen in Goseck sind auf jeden Fall jede Menge Stiere zum Opfer gefallen, davon zeugen die zahlreichen Knochenfunde im Kries und entlang der Pfostenlöcher. Ihre Schädel wurden vermutlich sogar an Stämmen befestigt und im Bereich der Tore aufgestellt – ähnlich, wie es auch in keltischen Heiligtümern der jüngeren Zeit der Fall war.

Sternbild des Stieres mit Hyaden und Plejaden © nach J. Hevelius

Für Schlosser sind die Rinderschädel aber auch Indiz eines möglicherweise noch weiter reichenden astronomischen Wissens der Steinzeitmenschen: „Wir haben keine direkten Hinweise auf Sternenbeobachtung“, so der Archäoastronom in einer Sendung des Deutschlandradios. „Wir können aber vermuten, dass da auch das Sternbild des Stiers, wozu die Hyaden gehören, eine große Rolle spielte, weil sich auf dem Südosttor Stierschädel befunden haben.“ Die Hyaden sind auch mit bloßem Auge als v-förmiger Sternenhaufen im Sternbild des Stiers zu erkennen. ImGoseck der damaligen Zeit ging die von September bis April sichtbare Sternengruppe zur Sommersonnenwende vermutlich direkt zwischen den Pfosten des Tores auf.

Umdenken beim Steinzeitwissen

Doch unabhängig davon, ob sich diese Theorie der Sternenkunde noch bestätigt oder nicht, eines ist jetzt schon klar: Goseck belegt, dass die Tradition der Himmelsbeobachtung sehr viel älter ist als noch vor einigen Jahren geglaubt. „Das Observieren von Himmelsphänomenen ist eine äußerst komplizierte Angelegenheit, und die Menschen waren damals in der Lage, dies auf den Tag genau zu tun“, erklärt Bertemes. „Das ist etwas, was wir bislang für den jungsteinzeitlichen Menschen in dieser Weise nicht angenommen haben.“

Inzwischen haben Archäologen in Europa mehr als 200 ähnlicher Kreisgrabenanlagen entdeckt – wenn auch keine davon so gut erhalten wie Goseck. Das älteste Sonnenobservatorium der Welt ist seit der Wintersonnenwende 2005 sogar fast wieder in seiner ursprünglichen Form zu beobachten: Das Archäologenteam hat die Holzpalisaden rekonstruiert und damit die Anlage quasi wiederauferstehen lassen.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. weiter


Stand: 01.02.2008

Anzeige
Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Astronomie der Steinzeit
Zwischen Sonnenwende und Siebengestirn

In einem Europa vor unserer Zeit…
Das Rätsel der vorzeitlichen Kulturen

Himmelskompass und Jahreskreis
Die Sonne als steinzeitlicher Richtungs- und Zeitgeber

2.000 Jahre vor Stonehenge…
Das Sonnenobservatorium von Goseck

Stierschädel mit Sternenbezug
Himmelswissen der Steinzeit älter als gedacht

Sternenkarten in der Eiszeithöhle
Astronomie in den Höhlenmalereien von Lascaux?

Tanzender Mond überm Stein
Die Anlage von Callanish und die Recumbent Stones

Vom Pfostenkranz zum Jahrtausendbauwerk
Die Anfänge von Stonehenge und ihre astronomischen Bezüge

Ein Hufeisen als Mondcomputer
Stonehenge als astronomisches Vorhersageinstrument?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Vorposten steinzeitlicher Ackerbauern entdeckt
Überreste eines Steinzeitdorfs im Münsterland soll Auskunft über die frühe Besiedlungsgeschichte geben

Erste Europäer konnten keine Milch verdauen
Studie liefert neue Erkenntnisse über die Evolution des Menschen

Steinzeit-Architekten trafen gute Wahl
Sonnenobservatorium von Goseck steht auf optimalem Baugrund

Puzzlespiel um Steinzeitbauern
Forscher rekonstruieren Lebensumstände der ersten Landwirte

Steinzeit in 3D
Geoinformatiker digitalisieren Tempelsäulen

„Versandhandel“ in der Steinzeit
Mineralogen identifizieren Herkunft steinzeitlicher Werkzeuge

Steinzeitjäger Ahnen der heutigen Europäer
DNA-Untersuchung widerlegt bisherige Annahme über Einfluss von Ackerbauerkulturen

Waren Neandertaler die „ersten Künstler“?
Neue Datierung der menschlichen Skelettreste aus der Schwäbischen Alb

Dossiers zum Thema