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Physik

Rätselkraft Gravitation

Geometrie braucht keine starre Raumzeit

Mehr als zehn Jahre lang, von 1984 bis 1996, wurden die Stringtheorie und die Schleifen-Quantengravitation vollkommen isoliert voneinander entwickelt. Danach fand eine langsame Annäherung statt, aber auch heute noch sind die beiden Theorien miteinander grundsätzlich unvereinbar. Beide werden jedoch wissenschaftlich sehr ernst genommen; an der Looptheorie und ähnlichen Zugängen zur Quantengravitation arbeitet weltweit eine ständig wachsende Zahl von Wissenschaftlern, derzeit etwa 300.

Gravitation noch immer rätselhaft

Neben dem Perimeter-Institut im kanadischen Waterloo ist das Max- Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam eines der Zentren für diese Forschung. Etwa 150 Looptheoretiker, darunter alle führenden Köpfe, trafen sich im vergangenen Oktober bei der Fachtagung Loops 05 in Potsdam, um sich über neueste Ideen und Fortschritte auszutauschen. Dort wurde auch darüber gesprochen, wie man die Theorie möglicherweise experimentell überprüfen könnte. Unter den vier bekannten Kräften – die elektromagnetische, die schwache, die starke und die Gravitationskraft – ist die Gravitation die bisher am schlechtesten verstandene.

Denn im Gegensatz zu den anderen Kräften wehrt sie sich dagegen, quantisiert zu werden. Die Quantisierung der anderen Kräfte wurde mit Theorien wie der Quantenelektrodynamik, der Quantenflavourdynamik und der Quantenchromodynamik beschrieben. Jede dieser Theorien, zusammengefasst im Standardmodell der Materie, trifft physikalische Vorhersagen, die man an Beschleunigeranlagen wie CERN, DESY oder SLAC aufs Genaueste gemessen und experimentell bestätigt hat. Es besteht deshalb kein Zweifel mehr daran, dass die Quantentheorie für diese Kräfte die richtige Beschreibung ist. In ihr spielen etwa so genannte Austauschteilchen eine Rolle, welche die Kräfte vermitteln.

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Schwerkraft als Geometrie

Was ist so anders an der Gravitation, dass sie sich dagegen sträubt, quantisiert zu werden? Muss man sie überhaupt quantisieren? Die Antwort findet man, wenn man Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie genau durchdenkt. Gemäß dieser Theorie ist die Gravitation keine Kraft im üblichen Sinne, vielmehr ist sie gleichbedeutend mit Geometrie: Ein Planet umrundet einen Stern nicht, weil irgendwelche Austauschteilchen (Gravitonen) zwischen beiden einen Kräfteaustausch vermitteln; der Planet umrundet den Stern vielmehr, weil dieser die Raumzeit-Geometrie krümmt. Wie ein Ball in einem Minigolfspiel durch eine Kuhle abgelenkt wird und auf den tiefsten Punkt zurollt, so beeinflusst die durch den Stern erzeugte Delle im Raum die Planetenbahn und formt sie zur Kreisbahn. Materie krümmt also den Raum.

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Die Allgemeine Relativitätstheorie ist in diesem Sinn viel mehr als eine Theorie der Gravitation, sie realisiert einen Grundgedanken Einsteins, nämlich die Geometrisierung der Physik: Gravitation ist bei ihm gleichbedeutend mit Geometrie und damit unabhängig von einer starren Raumzeit. Es ist dieses Prinzip der Hintergrundunabhängigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie, das unvereinbar ist mit den Prinzipien der Quantentheorie. Die Vertreter der Schleifen-Quantengravitation haben diesen Gedanken konsequent umgesetzt und nicht die Gravitation, sondern die Geometrie des Raums selbst gequantelt.

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Stand: 16.06.2006

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Universum aus brodelnden Schleifen
Erklärt die Looptheorie die Welt?

Raum wie Frotteestoff
Schleifen brauchen nur vier Dimensionen

Die Legosteine der Looptheorie
Grundstruktur des Raumes als Netzwerk

Rätselkraft Gravitation
Geometrie braucht keine starre Raumzeit

Schleifengebrodel
Klassische Physik hilft bei der Modellierung

Universum ohne Anfang?
Wie Singularitäten „verschwinden“

Der unendlich lange Sturz ins Schwarze Loch
Wie erklärt die Looptheorie diese Singularität?

Kosmische Ausbrüche als Messlatte
Wie lässt sich die Theorie experimentell belegen?

Hoffen auf "Planck"
Neuer Satellit könnte Beweise liefern

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