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Naturereignisse/Naturkatastrophen

Fatal Impact

Die Folgen eines Einschlags

Im Hollywoodfilm „Armageddon“ ist es gleich ein riesiger Planetoid, der die Erde bedroht. Doch in der Realität muß ein Himmelskörper keineswegs so gewaltige Ausmaße haben, um bei einem Einschlag auf der Erde großen Schaden anzurichten.

Das auch verhältnismäßig kleine Meteoriten schon dramatische Auswirkungen haben können, zeigte das Tunguska-Ereignis Anfang dieses Jahrhunderts. 1908 explodierte ein 30 Meter großer Steinmeteorit einige Kilometer über der sibirischen und verwüstete 2000 Quadratkilometer Fläche dabei völlig. Die Explosion 15 Megatonnen TNT entsprechende Explosion verbrannte den Wald in einem Umkreis von zehn Kilometern und ließ noch in 30 Kilometern Entfernung nur die kahlen Baumstämme stehen. Da in der kaum besiedelten Region keine Menschen zu Schaden kamen, wurde das Ausmaß der Zerstörung erst Jahrzehnte später genauer untersucht. Clark R. Chapman, Impaktforscher des Southwest Research Institutes schätzt, daß noch rund 100 000 Meteoriten der Tunguska-Größenordnung regelmäßig die Erdbahn kreuzen. Ein Einschlag könnte alle paar hundert Jahre eintreten.

Tsunami – Tödliche Welle

Fast noch verheerendere Folgen hätte ein Meteorit, der ins Meer einschlägt. Die Stoßwelle des Einschlags würde eine gigantische Flutwelle auslösen, nach dem japanischen Begriff für „große Welle „als Tsunami bezeichnet. Im Gegensatz zu normalen Oberflächenwellen werden Tsunamis umso höher, je stärker sie durch den flacher werdenden Untergrund in Küstennähe abgebremst werden. Eine Tsunami, die im tiefen Wasser des Ozeans nur dreißig Zentimeter hoch ist, kann sich so an der Küste auf weit mehr als die zehnfache Höhe aufbauen.

Forscher des Los Angeles National Laboratory (LANL) haben im Computer den Einschlag eines 200 Meter großen Asteroiden in den Atlantik simuliert. Das Szenario: Innerhalb von Sekunden schleudert der Impakt große Wassermassen bis zu 35 Kilometern hoch, an den Küsten entstehen Flutwellen von über 200 Metern Höhe. Die Wucht des mit Trümmern und anderen festen Brocken vermengten Wassers würde die Küstenregionen zu beiden Seiten des Ozeans völlig verwüsten.

Während die Intensität der Druckwellen bei einem Treffer auf festem Untergrund oder einer Explosion in der Atmosphäre mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt, verringert sich die Energie einer Welle im Meer erheblich langsamer. Die größte Tsunami dieses Jahrhunderts, eine 1960 durch ein Erdbeben der Stärke 8,6 in Chile ausgelöste Flutwelle, führte noch im 10600 Kilometer entfernten Hawaii zu Wellen von zehn Metern Höhe. Die Tsunami tötete zahlreiche Menschen und verwüstete die gesamte Küstenregion.

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Impaktforscher schätzen, daß eine durch einen Meteoriten ausgelöste Tsunami mit Wellenhöhen von bis zu 100 Metern alle paar Tausend Jahre einmal auftritt. Eine solche Tsunami könnte kilometerweit ins Land eindringen und würde die gerade die besonders dicht besiedelten Küstenregionen quasi ausradieren. Der Einschlag eines fünf Kilometer großen Planetoiden in den atlantischen Ozean hätte die völlige Überschwemmung von weiten Teilen Europas zur Folge, Spanien, Portugal, Dänemark und Holland gäbe es dann vermutlich nicht mehr.

Beispiel Nördlinger Ries

Welche Folgen ein Treffer durch einen etwa einen Kilometer großen Meteoriten haben kann, zeigt das Nördlinger Ries in Deutschland. Lange Zeit wurde vermutet, der mehr als 25 Kilometer weite Krater sei vulkanischen Ursprungs, bis in den sechziger Jahren die amerikanischen Geologen Eugene Shoemaker und Edward Chao das typische Impaktmineral Coesit in der Vertiefung nachwiesen. Inzwischen gehört das Nördlinger Ries zu den am besten untersuchten Meteoritenkratern überhaupt.

Für seine Entstehung entwerfen die Forscher folgendes Szenario: Vor rund 15 Millionen Jahren drang ein knapp tausend Meter großer Steinmeteorit in die Atmosphäre ein. Der riesige Feuerball traf mit mehr als 40000 Stundenkilometern auf die Erdoberfläche und bohrte sich tief ins Juragebirge hinein. Einen Kilometer unter der Oberfläche kam er zum Stillstand und explodierte. Gesteinsdampf brach mit einem Druck von zehn Millionen Bar und Temperaturen von 30000 Grad nach oben aus und schleuderte geschmolzenes Gestein und Trümmer bis zu 20 Kilometer hoch in die Atmosphäre.

Zwanzig Sekunden nach dem Einschlag hatte sich ein Krater von 15 Kilometern Durchmesser und 4,5 Kilometern Tiefe gebildet. Die hochgeschleuderten Gesteinstrümmer fallen auf die Erde zurück und decken im Umkreis von 50 Kilometern die Erde mit einer 30 bis 40 Meter dicken Trümmerschicht zu, der Krater weitet sich auf 20 bis 25 Kilometer aus.

Die bei dieser Katastrophe freigesetzte Energie der Sprengkraft von rund einer Million Hiroshimabomben verwüstete 6500 Quadratkilometer Land und tötete alles Leben im Umkreis von 100 Kilometern.

Impakt mit globalen Folgen

Der Einschlag eines nur wenig größeren Meteoriten könnte heute eine globale Katastrophe auslösen. Nach Schätzungen der Impaktforscher Clark Chapman vom Southwest Research Institute und David Morrison vom Ames Forschungscenter der NASA würden bei der gegenwärtigen Bevölkerungsdichte allein durch den direkten Treffer eines wenige Kilometer großen Meteoriten drei Millionen Menschen ums Leben kommen. Die Ozonschicht hätte sich bereits durch die enorme Reibungshitze beim Eintritt des Meteoriten chemisch zersetzt, Stickoxide und Schwefeldioxid bilden sich.

Durch den Aufprall würden zusätzlich rund zehn Milliarden Tonnen Staub und Aerosole in die Atmosphäre geschleudert, die globalen Temperaturen würden um mehrere Grade fallen. Der dadurch verursachte „kosmische Winter“ könnte die Landwirtschaft auf der gesamten Erde mindestens ein Jahr lang unmöglich machen, Hungersnöte, Massensterben und verheerende Seuchen wären die Folge.

Der bislang größte nachgewiesene Treffer, den die Erde einstecken mußte, ist vermutlich das Ereignis, das für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich gemacht wird. Der rund 180 Kilometer weite Chicxulub Krater vor der Halbinsel Yucatan in Mittelamerika gilt heute als der wahrscheinlichste Einschlagsort dieses Meteoriten.

NASA Wissenschaftler schätzen, daß dort vor rund 65 Millionen Jahren ein zehn bis zwanzig Kilometer großer Asteroid auf die Erde gestürzt ist. Der Aufprall hatte globale Folgen und veränderte die gesamte Biosphäre unseres Planeten. Milliarden Tonnen Schwefel und Staub und aufsteigender Rauch aus ausgedehnten Feuersbrünsten verdunkelten den Himmel für mindestens ein halbes Jahr und ließen die globalen Temperaturen nahezu bis zum Gefrierpunkt abstürzen. Nicht nur die Dinosaurier, auch die Hälfte aller anderen Tier- und Pflanzenarten der Erde starben in der Folge dieser Katastrophe aus.

Beruhigend zu wissen: Ein Ereignis dieser Größenordnung tritt schätzungsweise nur alle 100 Millionen Jahre ein, das Wahrscheinlichkeit, noch innerhalb des 21. Jahrhunderts von einem solchen Meteoriten getroffen zu werden, liegt nach Meinung von Clark R. Chapman unter eins zu einer Million.

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Stand: 19.01.2002

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Meteoriten
Gefahr aus dem All

Himmelskörper auf Kollisionskurs...
Von NEOs, Kometen und Planetoiden

Meteorit ist nicht gleich Meteorit
Von Chondriten, Eisen und Kohlenstoff

Suche nach den Einschlagskratern
Wie die Nadel im Hauhaufen...

Der "Dinokiller"
Der Chicxulubkrater in Yucatan

Krater - die Narben der Erde
Entstehung und Morphologie von Einschlagskratern

Spurensuche mit der Lupe
Impaktite und andere Relikte eines Meteoriteneinschlags

Die Erde als kosmische "Schießbude"?
Wahrscheinlichkeit von Meteoriteneinschlägen

Fatal Impact
Die Folgen eines Einschlags

Operation "Spaceguard"
Überwachung von NEOs und Erdbahnkreuzern

Gerade mal zwölf Prozent...
Der Stand der NEO-Überwachung

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Strategien gegen die "himmlischen Geschosse"

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