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Naturereignisse/Naturkatastrophen

Wenn die Nordsee zum Killer wird…

Schwere Sturmflutkatastrophen und ihre Folgen

In den letzten tausend Jahren haben Sturmflutkatastrophen an der Nordseeküste immer wieder viele tausend Tote gefordert und eine Spur der Verwüstung hinterlassen:

17. Februar 1164

Die so genannte Julianenflut, die erste historisch belegte Sturmflut im Bereich der Nordseeküste, sorgte nicht nur in Niedersachsen sondern auch in vielen anderen Regionen für gewaltige Schäden. Mindestens 20.000 Menschen kamen damals vermutlich in den Wassermassen um. Zwischen Wilhelmshaven und der Jademündung leitete die Naturkatastrophe auch die Entstehung des Jadebusens ein.

16. Januar 1219

In Westfriesland auf dem Staatsgebiet der heutigen Niederlande wütete die Erste Marcellusflut am 16. Januar 1219 besonders schlimm. Dort und in anderen Regionen der Nordseeküste waren nach zeitgenössischen Schätzungen mindestens 36.000 Todesopfer zu beklagen.

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14. Dezember 1287

Rund 70 Jahre später schlug der Blanke Hans erneut zu. Die so genannte Luciaflut vom 14. Dezember 1287 verwüstete große Teile der deutschen Nordseeküste. Mindestens 50.000 Tote und riesige Landverluste waren die Folge. Deshalb flüchteten viele Überlebende der Katastrophe anschließend aus den extrem gefährdeten Marschen ins sichere Hinterland.

15. bis 17. Januar 1362

Drei Tage lang sorgte die Zweite Marcellusflut (Grote Mandränke) für Angst und Schrecken an der Nordseeküste. Bei der schweren Sturmflut im Jahr 1362 verschwanden beispielsweise an den nur unzureichend geschützten Küsten des heutigen Bundeslandes Schleswig-Holstein ganze Dörfer wie Rungholt von der Landkarte. Als Folge von zahlreichen Deichbrüchen kamen rund 100.000 Menschen ums Leben und vielerorts eroberte das Meer riesige Marschflächen. Die schleswig-holsteinische Küste wurde durch die Sturmflut völlig verändert und erhielt dabei zumindest ansatzweise ihre heutige Form. Unter anderem entstanden damals auch die ersten Halligen. Die Marcellusflut leitete darüberhinaus in Ostfriesland die Bildung des Dollarts ein und war vermutlich auch schuld an der Trennung der Inseln Juist und Borkum.

1. November 1436

Die Allerheiligenflut im Jahr 1436 führte im gesamten Bereich der Deutschen Bucht zu schweren Schäden und auch auf Inseln wie Sylt wurden ganze Orte von den Wassermassen dem Erdboden gleich gemacht. Als Reaktion darauf gründeten die Überlebenden der Katastrophe neue Siedlungen wie beispielsweise Westerland.

1. November 1570

Zahlreiche zerstörte Deiche von den Niederlanden bis Dänemark und mindestens 10.000 Tote allein in Ostfriesland waren die Bilanz der nächsten schweren Allerheiligenflut im Jahr 1570.

11. Oktober 1634

Die Zweite Grote Mandränke am 11. Oktober 1634 sorgte im ganzen deutschen Nordseeraum für zahlreiche Todesopfer und gewaltige Schäden. Besonders schlimm betroffen von der auch Burchardiflut genannten Naturkatastrophe war Nordfriesland, wo allein fast 10.000 Menschen in den Wassermassen ums Leben kamen. © IMSI MasterClips

Die Zweite Grote Mandränke am 11. Oktober 1634 sorgte im ganzen deutschen Nordseeraum für zahlreiche Todesopfer und gewaltige Schäden. Besonders schlimm betroffen von der auch Burchardiflut genannten Naturkatastrophe war Nordfriesland, wo allein fast 10.000 Menschen in den Wassermassen ums Leben kamen.

In Schleswig-Holstein wurde die Insel Strand fast vollständig zerstört und es entstanden dabei Nordstrand und Pellworm. Die Halligen Nieland und Nübbel verschwanden im Meer. Im Rahmen des verheerenden Naturereignisses wurden in der Region mehr als 1.000 Häuser und 28 Windmühlen zerstört, 50.000 Tiere starben in den Fluten.

24. und 25. Dezember 1717

Ein schwerer Nordweststurm war die Ursache für die Weihnachtsflut im Jahr 1717, die alle Küsten an der Nordsee zwischen Dänemark und den Niederlanden heimsuchte. Neben katastrophalen Landverlusten in den Küstenmarschen waren auch mindestens 12.000 Tote die Folge. Tausende von Menschen wurden obdachlos und fast 20.000 Tiere kamen allein in Ostfriesland in den Fluten um.

3. und 4. Februar 1825

Bei der so genannten Halligflut im Jahr 1825 wurden an den Pegeln fast überall an der deutschen Nordseeküste die höchsten bis dahin jemals gemessenen Wasserstände registriert. Da die Deiche durch die vorhergehenden Winterstürme stark in Mitleidenschaft gezogen waren, konnten sie der Kraft der Wassermassen nicht standhalten und brachen vielerorts. Rund 800 Küstenbewohner kamen dabei ums Leben. Besonders schlimm betroffen von der Sturmflut waren die Halligen, wo allein 74 Menschen starben. Aber auch in anderen Regionen gab es schwere Schäden. So standen in Hamburg als Folge von Deichbrüchen mindestens 3.000 Häuser unter Wasser und Teile der Insel Sylt verschwanden für immer im Meer.

13. März 1906

Alle bis dahin gültigen Rekordwasserstände übertraf die Sturmflut vom 13. März 1906 in Friesland. In Dangast beispielsweise stiegen die Pegel auf weit über fünf Meter über Normalnull.

1. Februar 1953

Die Sturmflut von 1953, die erstaunlicherweise die deutsche Nordseeküste fast völlig verschonte, sorgte in den Niederlanden für mehr als 1.800 Todesopfer. Der Grund: Ein großer Teil des Staatsgebietes liegt unterhalb des Meeresspiegels und war damals durch Deiche und andere Maßnahmen nur halbherzig geschützt. Als Reaktion darauf wurde im Rahmen des Deltaplan-Projektes in den letzten Jahrzehnten der gesamte Mündungsbereich von Rhein, Maas und Schelde durch Sperrwerke und Dämme von der Nordsee abgeriegelt, um die Sturmflutgefahr weitgehend zu bannen.

16. und 17. Februar 1962

Massive Schäden durch die Sturmflut 1962 in Wilhelmsburg © Günther Hachmeister

200 Millionen Kubikmeter Wasser strömten bei der schweren Hamburger Sturmflut, in die Marschen des Alten Landes oder bei Hamburg-Veddel und in das Stadtgebiet selber, nach dem an 60 Stellen die Deiche brachen. Dabei waren 317 Tote zu beklagen. Die meisten davon auf der Elbinsel Wilhelmsburg, die nach einem Dammbruch von den Wassermassen völlig überflutet worden war. 100.000 Menschen hatten mit den Folgen der Naturkatastrophe direkt zu kämpfen, 30.000 verloren ihre Wohnungen. Die Sachschäden lagen bei einer Milliarde Euro.

3. Januar 1976

Der Orkan Capella war es, der am 3. Januar 1976 in zahlreichen Regionen der Nordseeküste für eine „Jahrhundertflut“ sorgte. Vielerorts wurden neue Rekordwasserstände gemeldet. In St. Pauli beispielsweise lagen die gemessenen Werte mit 6,45 Meter über Normallnull noch 75 Zentimeter höher als 1962. Obwohl fast alle Deiche der Wucht der Wellen standhielten, wurden allein in Deutschland tausende Hektar Land überschwemmt. In Hamburg meldeten zahlreiche Industrie- und Lagerhallen „Land unter“. Auch Dänemark hatte unter dem Orkan und der Flut zu leiden. So mussten beispielsweise die Städte Tonder und Ribe evakuiert werden.

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Nadja Podbregar, Jens Oppermann, Dieter Lohmann
Stand: 16.02.2012

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die große Flut - Hamburg 1962
Kann sich die Katastrophe wiederholen?

„Land unter“ in Hamburg
Die Nacht der Flut

Was machte diese Flut so verheerend?
Der historisch-meteorologische Hintergrund

Vorhersage einer Sturmflut
Wetter- und Wasser-Experten im Einsatz

Sturmflutwarnung
„Uns geht kein Sturm mehr durch die Lappen“

MUSE erforscht Extremsturmfluten
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