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Lebensräume

Dezimierte Dickhäuter

Das Massaker an den Nashörnern

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Sie heißen Faru, Thandi oder John, sie sind der ganze Stolz der Ranger und Wissenschaftler im Ngorongoro-Krater und auch die Touristen lieben sie: die 20 Spitzmaulnashörner des Ngorongoro-Kraters. Dass es die Dickhäuter hier überhaupt noch gibt, ist beinahe eine Sensation. Denn noch vor rund zehn Jahren hatten die Tiere eigentlich keine Zukunft mehr. Mitte der 1990er Jahre war ihr Bestand im Krater auf gerade mal zehn Tiere geschrumpft – ein knappes Zehntel der Ausgangspopulation.

Was sich in Ngorongoro abspielte, galt auch für den Rest Afrikas. Dabei hatte der weltbekannte Tierforscher Bernhard Grzimek im Jahr 1970 noch relativ gute Perspektiven für die Art gesehen. „Die einzige Nashornart, von der es noch große Bestände in der freien Wildbahn gibt, ist das afrikanische Spitzmaulnashorn oder Schwarze Nashorn“, so Grzimek damals. Rund 65.000 dieser Dickhäuter gab es vor 35 Jahren noch in Afrika, das hatten Tierzählungen ergeben.

Eine Dekade später war Grzimeks Zählung nur noch Makulatur. Wilderer hatten den Massenexitus des Spitzmaulnashorns in Afrika auf dem Gewissen und die Bestände schmolzen in rasantem Tempo weiter zusammen. 1995 schließlich existierten von den ehemals gewaltigen Populationen nur noch versprengte Relikte mit afrikaweit gerade mal knapp 2.500 Spitzmaulnashörnern. Auch der Ngorongoro-Krater blieb von diesem dramatischen Aderlass nicht verschont.

Doch welche Gründe gab es für dieses Nashornmassaker? Was machte die Dickhäuter so wertvoll? Ein Teil der Nashörner wurde wegen des Fleisches oder ihrer gut zum Gerben geeigneten Haut getötet. Den meisten Wilderern ging es jedoch nur um ein lediglich drei bis fünf Kilogramm schweres Körperteil der Giganten: das Horn. Reihenweise fanden die ersten Ranger in den entstehenden Nationalparks und Schutzgebieten Nashornkadaver, denen nur das aus Keratin bestehende Kopfanhängsel fehlte.

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Teurer als Gold

Recherchen von Organisationen wie dem WWF oder der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) ergaben, dass die Wilderer pro Kilogramm Horn auf dem Schwarzmarkt bis zu 800 US-Dollar kassierten und auch heute noch kassieren. Deshalb hatten auch die Versuche von Umweltschützern, die Nashörner durch das Absägen des Horns wertlos zu machen keinen Erfolg. Wie der WWF berichtet töten Wilderer „angesichts der horrenden Preise, die für das Horn gezahlt werden, auch Tiere mit Hornstümpfen. Sogar vor Jungtieren mit ihren winzigen Hornansätzen machen sie nicht Halt.“ Drehscheibe für den Hornhandel war und ist bis heute der Sudan. Von dort aus wird das illegal beschaffte Material unter anderem nach Asien verteilt.

Warum aber ist gerade das Horn so begehrt? Dafür gibt es nach Ansicht der Nashornschützer mindestens drei Ursachen. So sind beispielsweise in vielen arabischen Ländern Dolchscheiden aus Nashornhorn als Statusobjekt sehr begehrt. Zu einem Pulver gemahlen, kommt die Angriffs- und Verteidigungswaffe der Tiere, aber auch in vielen Medikamenten zum Einsatz. So hat das Hornmehl unter anderem angeblich eine Fieber senkende Wirkung.

Und noch eine andere Funktion wird dem Horn vor allem in der asiatischen Medizin fälschlicherweise zu gesprochen: die einer Liebes-Stimulanz. So bescheren Aberglaube und Stausdenken nicht nur den Wilderern, sondern vor allem auch den internationalen Hornhändlern satte Gewinne. Nach Angaben der ZGF liegt der Weltmarktpreis für das begehrte Material sogar über dem von Gold. Und der belief sich beispielsweise im Juni 2005 auf mehr als 11.500 Euro.

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Stand: 18.11.2005

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Überlebenskampf im Krater
Der Ngorongoro zwischen Paradies und Bedrohung

Relikt eines Millionen Jahre alten Vulkans
Wie entstand der Ngorongoro-Krater?

Naturbauwerk mit wimmelndem Leben
Tierparadies Ngorongoro

Auf Grzimeks Spuren
Wie das Reservat Ngorongoro entstand…

Natur pur?
Touristenboom im Schutzgebiet

Dezimierte Dickhäuter
Das Massaker an den Nashörnern

Überleben oder Aussterben?
Forscher kämpfen um die Nashörner im Krater

Von Inzucht und Zecken
Die „Brandherde“ nehmen zu

Problemfaktor Mensch
Vom Kraterparadies zum Krisengebiet?

Wende oder Ende?
Aktionsplan Ngorongoro

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