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Sonnensystem

Eine Frage der Zeit

Es kommt auch auf den Stern an

Die Erde ist fein raus: Sie umkreist die Sonne seit rund 4,5 Milliarden Jahren in der habitablen Zone des Sonnensystems. Sie liegt damit quasi genau im Speckgürtel des Systems und es konnte sich Leben auf ihr bilden. Doch neben der Lage spielte dafür auch ein anderer Faktor eine wichtige Rolle: Zeit. Denn die guten Bedingungen müssen lange genug anhalten, damit sich Organismen bilden und zu komplexeren Formen entwickeln können. „Wir haben 75 Prozent der gesamten habitablen Zeit unseres Planeten benötigt, um höhere Lebewesen zu entwickeln. Das wird wahrscheinlich auch anderswo nicht anders sein“, erklärt Andrew Rushby von der University of East Anglia.

Zukunft der Sonne: Sie wird langsam wachsen und damit wandert auch die habitable Zone. © Tablizer/ CC-by-sa 3.0

Die habitable Zone wandert

Das Problem dabei: Die Sonne und auch andere Sterne verändern sich im Laufe ihres Lebens. Sie nehmen an Leuchtkraft zu und dehnen sich aus. Dadurch wandert auch die habitable Zone im Laufe der stellaren Evolution immer weiter nach außen. Die Sonne beispielsweise strahlte in ihrer Anfangszeit nur mit der Hälfte ihrer heutigen Leuchtkraft. Allerdings war da unser Planet noch ein glutflüssiger Ball, lebensfreundlich war es da ohnehin nicht.

Im Moment ist unser Heimatstern in der stabilen Phase seines Lebenszyklus. Als nur mäßig heißer und eher massearmer Gelber Zwerg gehört sie zu den „Mittelklasse“-Sternen, die mehrere Milliarden Jahre lang ein Hauptreihenstern bleiben und sich in dieser Zeit nur wenig verändern. Erst danach, in rund sechs Milliarden Jahren, wenn sie ihren Kernbrennstoff verbraucht hat, wird sie sich stark aufblähen und zum Roten Riesen werden. Das aber bedeutet, dass sie die innersten Planeten völlig verschlingen wird und auch die äußeren Bereiche des Sonnensystems unfreundlich heiß werden.

Wenn die Sonne zum Roten Riesen wird, wird auch die Erde glühen. © Fsgregs / CC-by-sa 3.0

Wenn die Sonne wächst und die Ozeane verdampfen

Allerdings: Auch jetzt schon, lange vor der Umwandlung der Sonne in einen Roten Riesen, nimmt die Leuchtkraft der Sonne leicht zu. Welche Folgen dies für die habitable Zone des Sonnensystems und für die Erde haben wird, haben Forscher im Herbst 2013 ausgerechnet. Ihr Ergebnis: Unser Planet hat bereits einen Großteil seiner „Gnadenfrist“ in der habitablen Zone hinter sich – immerhin waren es rund 4,5 Milliarden Jahre. Doch diese Zone wandert weiter nach außen und könnte in 1,75 bis 3,25 Milliarden Jahren bereits außerhalb der Erdbahn liegen.

„Nach diesem Punkt wird die Erde in der heißen Zone der Sonne kreisen, mit Temperaturen so hoch, dass die Ozeane verdampfen „, erklärt Rushby. „Die Folge wäre die katastrophale und endgültige Auslöschung allen Lebens.“ Schon viele Millionen Jahre früher aber würde es auf der Erde so heiß werden, dass bestenfalls noch einige hartgesottene Mikroben überdauern. Der Mars dagegen hat es etwas besser: Er kreist zwar jetzt am Außenrand der habitablen Zone, könnte aber dafür weitere sechs Milliarden Jahre lang in ihr bleiben – fast bis die Sonne beginnt, zum Roten Riesen zu werden.

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Warum Rote Zwerge günstiger sind als Riesensterne

Viel knapper bemessen ist die Frist, die einem Planeten in der habitablen Zone um einen viel massereicheren Stern als der Sonne bleibt. Diese Riesen verbrauchen ihren Fusions-Brennstoff, Wasserstoff und Helium, sehr viel schneller als unser Stern und erreichen daher schon nach hunderten Millionen Jahren oder sogar schon nach zehn Millionen Jahren das Ende ihres Lebenszyklus. Ein Planet in ihrer Umlaufbahn hätte daher kaum eine Chance, über mehr als sein erstes Anfangsstadium hinauszukommen, bevor er in der Supernova-Explosion des Sterns gleich wieder zerstört würde.

Planeten um einen Roten Zwerg müssen ihm zwar relativ nahe sein, dafür ist die habitable Frist länger. Hier der fiktive Ansicht von der Planetenoberfläche von Gliese 667 Cc, der in einem System aus drei Roten Zwergen kreist. © ESO/L. Calçada

Wesentlich günstiger sieht es dagegen bei den Roten Zwergen aus, kleinen, eher lichtschwachen Sternen. Immerhin drei Viertel aller Sterne in unserer Milchstraße gehören zu diesem Sternentyp – Astronomen schätzen ihre Zahl auf 75 Milliarden. Von diesen könnten rund 60 Prozent mindestens einen Planeten besitzen, einige davon sogar in der habitablen Zone. Diese liegt bei solchen stellaren Zwergen sehr nahe am Stern, je nach Fall zwischen 0,03 und 0,3 astronomischen Einheiten.

Das bringt einige Nachteile mit sich, dafür aber kann sich ein Planet um einen Roten Zwerg bei der Entwicklung von Leben richtig Zeit lassen. Denn dessen Lebenszyklus ist deutlich länger als der eines sonnenähnlichen Sterns. Wenn es auf einem solchen Planeten eine außerirdische Lebenswelt gäbe, dann könnte sie daher älter und weiter fortgeschrittener sein als die unsrige. Die Frage, wie sich die bewohnbaren Zonen je nach Zentralgestirn verschieben, ist daher auch für die Suche nach außerirdischem Leben wichtig.

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Nadja Podbregar
Stand: 10.01.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Sonderfall Erde
Das Geheimnis der Habitabilität

Eine Frage der Lage
Die habitable Zone und der Treibhauseffekt

Eine Frage der Zeit
Es kommt auch auf den Stern an

Eine Frage der Größe
Warum zu kleine Planeten lebensfeindlich sind

Eine Frage der Bewegung
Welche Rolle spielen Bahn und Rotation für die Habitabilität?

Erdzwillinge gesucht
Wie viele lebensfreundliche Planeten gibt es im All?

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