Anzeige
Ökologie

Missbrauchte Alarmsignale

Der Trick des Baumwollkapselbohrers

Sie sind nur wenige Zentimeter groß und relativ unscheinbar, haben aber ein großes Zerstörungspotential: Die Raupen des Baumwollkapselbohrers Helicoverpa zea richten Jahr für Jahr gewaltige Schäden an Mais, Baumwolle oder Raps an. Und dies, obwohl viele der auf dem Speisezettel von Helicoverpa zea stehenden Pflanzen in ihren Zellen über ein ganze Palette an Giften und Wirkstoffen verfügen, die für andere Insekten tödlich sind.

Baumwollkapselbohrer Helicoverpa zea © USDA

Forscher der Universität von Illinois um Xianchum Li haben vor kurzem entdeckt, warum der Baumwollkapselbohrer so erfolgreich an mehr als 100 Pflanzenarten parasitieren kann: Er macht sich das ausgeklügelte Verteidigungssystem der Pflanzen zu Nutze, um selbst ungestört durch die Gifte an den Blättern zu räubern.

Wie die Studie der Wissenschaftler ergab, sorgen gerade die Alarmsignale der Pflanzenverteidigung Jasmon- und Salicylsäure in der Raupennahrung dafür, dass bestimmte Gene im Erbgut von Helicoverpa zea abgelesen werden. Als Folge entsteht reichlich Cytochrom P450, das die Senfölbombe und andere toxische Substanzen unschädlich macht.

Der Baumwollkapselbohrer ist mit dieser Strategie für nahezu alle Situationen bestens gerüstet. Ist die Pflanze, an der er gerade frisst ungiftig – na prima. Im anderen Fall wirft er einfach blitzschnell die körpereigene Serumproduktion an und ist so vor den meisten Toxinen ebenfalls sicher.

Ausweg Gentechnik?

Wenn schon die pflanzlichen Mittel nicht zum Schutz vor dem Baumwollkapselbohrer ausreichen, so zeichnet sich doch mittlerweile eine Lösung für das Helicoverpa zea-Problem ab. Gentechniker haben mittlerweile zumindest bei Baumwolle und Mais einen Weg gefunden, das Erbgut der Pflanzen so zu verändern, dass sie resistent gegen den Pflanzenschädling sind.

Anzeige

Sie fügten das Gen Cry IA(c) aus einem giftproduzierenden Bakterium, Bacillus thuringiensis, in das Erbgut der Pflanze ein. Dieses ist für die Herstellung giftiger Substanzen verantwortlich, auf die auch Helicoverpa zea anspricht. Nach Angaben des Saatgut-Produzenten Monsanto sollen sich dadurch der Pestizideinsatz und die Gewinne beim Bauwollanbau erheblich steigern lassen.

“Das Bt-Baumwollsaatgut hat sich als wesentlich besser erwiesen als erwartet. Wir mussten nicht nur weniger chemische Insektenvernichtungsmittel versprühen, sparten Zeit und Arbeit, sondern konnten unsere Erträge zudem noch erheblich steigern, daher habe ich in diesem Jahr eine Gewinnsteigerung zu verzeichnen.“, erklärt der Landwirt Pedli Malla Reddy aus dem Bezirk Andhra Pradesh in Indien auf der Monsanto-Website.

Wissenschaftler sind da nicht ganz so optimistisch. Sie befürchten beispielsweise eine schnelle Entwicklung von resistenten Stämmen des Baumwollkapselbohrers gegen die Gifte und damit ein schnelles Ende der Euphorie um die genmanipulierten Pflanzen…

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. weiter


Stand: 04.02.2005

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Chemische Keule und betörender Duft
Verteidigungsstrategien von Pflanzen

Dornen, Gifte, Zucker, Lotus-Effekt
Die Waffen der Pflanzen

Gift oder Samen?
Chemische Verteidigung ist teuer

Bei Berührung Mord
Die Senfölbombe der Kreuzblütler

Wenn der Schutzschild versagt…
Kohlmotte entschärft Senfölbombe

Opfern für die Gemeinschaft
Kieselalgen schädigen Krebsnachwuchs

Auch Pflanzen rufen „Hilfe“
Mit Zucker und Düften befreundete Armeen anlocken

Hormone als Schlüsselelemente
Biochemischer Signalweg für chemische Verteidigung aufgeklärt

Missbrauchte Alarmsignale
Der Trick des Baumwollkapselbohrers

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema

Duft - Von der Nase ins Gehirn

Ameisen - Eine für alle, alle für eine