Anzeige
Geologie/physische Geographie

Stichwort Biomineralisation

Die Tricks der Kalk-Produzenten

Korallen © IMSI

Obwohl Wissenschaftler versuchen, das kalkhaltige Baumaterial der Meeresbewohner zu imitieren, müssen sie bisher passen. Algen, Seeigel oder Korallen sind kunstfertige Meister der Biomineralisation. Sie sind nicht nur in der Lage Kalziumkarbonat zu synthetisieren, sondern verleihen ihm auch eine besondere Härte, die durch Menschenhand bisher unerreicht ist. Denn noch ist weitestgehend ungeklärt, wie die Organismen die Kalzium-Ionen aus dem Meerwasser oder der Nahrung gewinnen und wie sie den Kalk zur Ausfällung bringen.

In Symbiose zum Kalkgehäuse

Korallenriffe bestehen aus Milliarden von Außenskeletten bereits abgestorbener und noch lebender Korallenpolypen. Diese wirbellosen Tiere haben sich Kalkröhren zu ihrem Schutz zugelegt. Das Außenskelett aus Kalziumkarbonat züchten auch sie vermutlich auf organischen Matrizen heran.

Die Polypen sind in der Lage, die Konzentration an Kalzium-Ionen in ihrem Cytoplasma so zu regulieren, dass Kalziumkarbonat ausfällt. Dabei sind ihnen Algen behilflich, die als Endosymbionten im Innern der Polypen leben. Hier betreiben die so genannten Zooxanthellen gut geschützt Photosynthese. Dadurch entziehen sie dem Meerwasser Kohlendioxid, so dass pH-Wert und Kalzium-Konzentration im Innern der Korallenpolypen steigen und die Kalk-Ausfällung erleichtert wird.

Perlen? – Schnödes Kalziumkarbonat

Auch Perlen und Perlmutt sind einfach nur Kalk. Sie bestehen aus einer besonderen Kristallform, dem Aragonit. Muscheln müssen den Kalk für ihre Schalen mit der Nahrung aufnehmen. Die so gewonnenen Kalzium-Ionen werden mithilfe von Drüsen im Mantel-Gewebe und unter Zugabe von Sauerstoff und Kohlenstoff zu Kalk-Kristallen verarbeitet. Auf säulenförmige Kalk-Prismen lassen die Muscheln feine Aragonit-Plättchen aufwachsen, sei es auf der Innenseite der Schale oder bei der Ummantelung eines Fremdkörpers. Verbacken mit Proteinen, entsteht so das sehr feste Perlmutt, das durch Farbpigmente und Lichtbrechung seinen irisierenden Schimmer erhält.

Seeigel züchtet Einkristall…

Seeigel gewinnen den Kalk für Schalen, Stacheln und Beißwerkzeuge entweder direkt aus dem Meerwasser oder indem sie kalkhaltiges Plankton fressen. Einige Arten wie der Griffel-Seeigel produzieren über zehn Zentimeter lange Stacheln, die aus einem einzigen Kalzit-Kristall bestehen. Dabei sind die Kristalle mehr als dreitausendmal härter als gewöhnliches Kalziumkarbonat.

Anzeige
Stachelwuchs beim Seeigel © Weizmann Institut

Bei der Kalksynthese haben sie einen erstaunlichen Trick entwickelt, der erst kürzlich durch Wissenschaftler vom israelischen Weizmann-Institut entdeckt wurde. Das Team um die Biologen Lia Addadi und Steve Weiner konnte nachweisen, dass die Seeigel zunächst amorphes Kalziumkarbonat mit ungeordneten Molekülen produzieren. Innerhalb weniger Stunden formieren sich die Moleküle zu einem sehr leichten, aber gleichzeitig stabilen Kristall mit regulärer Gitterstruktur. Dadurch sind die Seeigel auch in der Lage, abgebrochene Stacheln schnell wieder nachwachsen zu lassen.

… und „Seh“-Stern Mikrolinsen

Der Seestern Ophioma wendtii macht sich die optischen Eigenschaften von Kalzit-Kristallen zunutze. Er synthetisiert Mikrolinsen aus Kalziumkarbonat, die seinen gesamten Körper bedecken und von denen jede nur drei hundertstel Millimeter groß ist. Sie wirken wie ein Facettenauge, mit dem der Seestern seine Umgebung wahrnimmt. Dabei hat der Meeresbewohner sogar die Doppelbrechung und typische Abbildungsfehler der Kalzit-Kristalle in den Griff bekommen. Nach Meinung von Experten sind diese Linsen damit zehn- bis zwanzigmal besser als alles, was bisher durch die Industrie machbar war.

Von Biomatten zu Kalk-Kissen

Stromatolithen sind die ältesten Zeugen biogener Ausfällung von Kalziumkarbonat. Bereits vor drei Milliarden Jahren besiedelten Cyanobakterien als ausgedehnte Biomatten den Meeresboden in bis zu 300 Meter Tiefe. Später wurden sie durch Fressfeinde, die die nahrhaften „Biowiesen“ abweideten, bis ins Flachwasser an den Küsten oder an extrem salzige Standorte verdrängt.

Stromatholith © NLfB, BGR

Biomatten können auch unter Beteiligung von Algen oder Pilzen entstehen. In jedem Fall betreiben die klebrigen, lederartigen Kolonien Photosynthese. Durch den Verbrauch von CO2 aus dem Meerwasser fällt gleichzeitig Kalk aus. Zusammen mit festklebendem Sediment entstehen dabei die stetig wachsenden typischen knollen- oder kissenförmigen Stromatolithen.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. 10
  22. |
  23. weiter


Stand: 15.01.2005

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Kalk
Über eine ungewöhnliche Allianz aus Wasser und Stein

Hartes Wasser, weicher Stein
Die Sache mit dem CO2

Die Kalk-Fabrik im Ozean
Eine Alge macht das Rennen

Stichwort Biomineralisation
Die Tricks der Kalk-Produzenten

Kalk-Recycling und Klimawandel
CO2 -Anstieg wirkt bis zum Meeresboden

Kalk heißt nicht immer Kalkstein …
… sondern auch Kreide, Dolomit oder Marmor

Wo die Donau in der Erde versinkt
Vom unterirdischen Fließen

Ausgelaugt und eingebrochen
Georisiko Karst

Frisch gezapft
Quellkalke und Tropfsteine

Türme in der Landschaft
Tropischer Karst und fossile Riffe

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema