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Energie

Wie kommt das Loch in die Erde?

Geothermale Bohrtechnik – Teil 1

Bohrmeißel © Geothermische Vereinigung e.V., Geeste

Knirschend zermalmen die Diamantsplitter das jahrmillionenalte Gestein und kein Tageslicht erhellt das langsame, aber stetige Vorrücken der Bohrfräse in den Untergrund. Ein großer Turm erhebt sich über dem Bohrloch und hält das Bohrgestänge fest im Griff. Das Wasser, das die zertrümmerten Gesteinsbrocken aus dem Bohrloch spült, ergießt sich als braune Brühe in die Aufbereitungsanlage. Unscheinbar wirkt das nur wenige Dezimeter breite Loch, und doch reicht es mehrere Kilometer in die Tiefe, wo Temperatur und Druck für Menschen nicht zu ertragen wären.

Jeder Kilometer, der tiefer in die Erde gebohrt wird, stellt exponential höhere Ansprüche an die verwendeten Materialien und die Bohrtechnik. Derzeit liegt die technische Grenze für Tiefbohrungen schätzungsweise bei 10.000 Metern, da hier Temperaturen von über 300°C und der hohe Druck das Gestein bereits plastisch und somit zähflüssig werden lassen. Die dort herrschenden 3.000 bar entsprechen umgerechnet einem Druck, den 30.000 übereinander gestapelte Kleinwagen auf einen Quadratmeter ausüben würden.

Bohr-Roulette

Auch wenn in der Geothermie bei weitem nicht so tief gebohrt wird, so ist doch selbst einige Kilometer höher die Suche nach der richtigen Wärmelagerstätte mit Risiken verbunden. Häufig weiß niemand genau, wie der Untergrund beschaffen ist und wann die Übergänge zwischen weichem Sedimentgestein und kristallinem Festgestein die Bohrungen erschweren. Hinzu kommt, dass letztendlich auch das Auffinden der richtigen Temperaturen trotz aller Prognosen ein Glücksspiel bleibt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass rund 40 Prozent aller Kosten für ein Geothermie-Kraftwerk bereits durch diese anfängliche Tiefenbohrung entstehen.

Aller Anfang ist schwer

Richten des Bohrgestänges © SupcerC RWTH-Aachen

Der Beginn einer Bohrung verdient in der Regel diese Bezeichnung gar nicht. Denn die ersten Meter durch das Erdreich werden häufig durch das Einrammen eines Standrohres überwunden. Diese Technik hat sich bewährt, da ansonsten die Gefahr besteht, die Bohranlage durch die dabei notwendigen Spülungen zu untergraben. Aus dem gleichen Grund steht auch die Bohranlage auf einem Betonfundament und ist durch Drahtseile umsturzsicher abgespannt. Erst durch dieses Standrohr frisst sich der Bohrmeißel mit einer Geschwindigkeit von einigen Dezimetern bis Metern pro Stunde in die Tiefe.

Kühlung durch Spülung

Das eigentliche Bohrverfahren ist im Prinzip aus der Erdölindustrie abgekupfert. Im Dreh- oder auch Rotarybohrverfahren treiben Motoren einen diamantenbesetzten Meißel in den Untergrund. Das Gestänge wird von einem Bohrturm gehalten, dem zumeist auffälligsten und einzig sichtbaren Teil einer geothermischen Erkundung. Während des Abteufens, so die bergmännische Bezeichnung für das Graben eines Schachtes, wird durch das Innere des Bohrers Wasser mit Drücken von bis zu 300 bar in das Loch gepresst. Diese Spülung treibt das zerkleinerte Gesteinsmaterial im Außenraum zwischen Meißel und Bohrloch an die Oberfläche. Neben der Säuberung des Schachtes vom zerkleinerten Gestein sorgt die Spülung zugleich für die nötige Kühlung des Bohrers.

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Lange Zeit stellte der extrem hohe Salzgehalt der Thermalwasser ein zentrales Problem einer Bohrung dar. Denn dieser kann zehnmal so hoch wie im Meerwasser sein und führt schnell zur Korrosion des Bohrgestänges und der Leitungssysteme. Zum Schutz vor der ätzenden Wirkung des Salzwassers werden daher inzwischen die Rohre mit Glasfasern beschichtet.

Teleskopverfahren

Beginn der Bohrarbeiten © SuperC RWTH-Aachen

Je nach Art, Aufbau und Zusammensetzung des Untergrundes wird die Wand eines Bohrlochs mit zunehmender Tiefe instabil. Um ein Zusammenbrechen zu verhindern, lassen die Arbeiter beizeiten ein Stahlrohr hinab und entfernen danach das umliegende Bohrrohr. Zugleich wird dieses neue Stahlrohr mit einem Spezialzement mit der Bohrwand verbunden. Sobald diese Stabilisierung abgeschlossen ist, kommt ein neuer und an den verkleinerten Durchmesser des Bohrlochs angepasster Meißel zum Einsatz. Dieses Abwechseln von Bohren und Stabilisieren setzt sich bis zum Erreichen der endgültigen Tiefe fort.

Entsprechend verringert sich auch der Durchmesser des Bohrlochs von der Oberfläche bis in die Tiefe. Bei der „Super-C“-Bohrung in Aachen beträgt beispielsweise der anfängliche Bohrdurchmesser 50 Zentimeter, in den angestrebten 2.500 Metern Tiefe hingegen nur noch 20 Zentimeter.

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Stand: 12.11.2004

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

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