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Phänomene

Zwischen „catastrophe” und „rescue“

Zelle verlegt Transportgleise ständig neu

Doch ist die Koordination des Zellverkehrs noch weit ausgeklügelter als bisher angenommen. Inzwischen haben die Forscher Kinesine entdeckt, die nicht nur in einer, sondern in beiden Richtungen marschieren können. Hinzu kommt, dass manche Zellfracht zunächst entlang der schnellen Mikrotubuli durch die Zelle rast, um in der Nähe der Zellmembran mittels Myosinmotoren auf die Aktintrassen überzuwechseln – ganz so, wie manche Straßenbahnen über Land auf Bundesbahngleisen fahren können, innerhalb der Stadt aber mit einem anderen Stromabnehmer die Tramschienen benutzen.

In den vergangenen Jahren hat die Forschung am Zellskelett auch gezeigt, dass das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten ein noch weitaus komplexeres Zellverhalten auslösen kann. Tatsächlich handelt es sich bei den Mikrotubuli und den Aktinfilamenten keineswegs um starre Baumaterialien, sondern um sich dynamisch auf- und abbauende Mikrostrukturen.

„Das Zellgerüst wird ständig umgebaut, und dabei sind zahlreiche regulierende Moleküle im Spiel”, erklärt Jonathon Howard, Direktor am Max-Planck- Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden. So können Mikrotubuli, ähnlich wie Aktinfilamente, von einem Wachstums- in einen Schrumpfmodus umschalten – „catastrophe” nennen Wissenschaftler diesen Vorgang –, um dann wieder in den Wachstumsmodus („rescue”) zurückzukehren.

Prometaphase der mitotischen Zellteilung © MPG / MPI für molekulare Zellbiologie und Genetik / Ozlu / Pelletier

„Mikrotubuli sind Maschinen, sie verbrauchen Energie, können schieben und ziehen und alles Mögliche in der Zelle hin- und herbewegen”, sagt Howard. Die Zelle verlegt also nicht nur gewissermaßen ihre eigenen Transportgleise ständig neu, sondern die Gleise selber werden zu molekularen Motoren.

Dieses Verhalten wird nirgends deutlicher als bei der Zellteilung, der Mitose. Seit langem wissen die Forscher, dass sich dabei die Chromosomenhälften, die so genannten Chromatiden, gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilen. Zunächst reihen sich die Chromosomen hübsch regelmäßig am Zelläquator auf. Dann wandern die Chromatiden zu den Zellpolen, die Zelle schnürt sich in der Mitte ab. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die so genannte Mitosespindel, die in erster Linie aus Mikrotubuli besteht.

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Stand: 23.10.2004

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Molekulare Motoren
Protein-„Maschinen“ als Triebfeder des Lebens

Leben ist Bewegung
Myosine, Kinesine und Dyneine sorgen für zellulären Nahverkehr

Myosinmoleküle mit Hebelwirkung
Dem Mechanismus der Gleitbewegung auf der Spur

Eine Zelle ist kein Wackelpudding
„Mikrotubuli” als Infrastruktur für den Zellverkehr

Zwischen „catastrophe” und „rescue“
Zelle verlegt Transportgleise ständig neu

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