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Technik

Transatlantische Frequenzstörung

Galileo zwischen Kompromiss und Unabhängigkeit

Bei allem Hickhack: Ganz ohne die USA geht es auch bei Galileo nicht. Sowohl das europäische System als auch das GPS und das russische System GLONASS sollen in Zukunft Teil eines globalen Navigationssystems sein. Dieses besonders von der ESA vorangetriebene Projekt steht und fällt allerdings mit der Kompatibilität der verschiedenen Systeme. Technisch gesehen müssen sich die einzelnen Betreiber deshalb zumindest auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, soll im Orbit keine „babylonische Sprachverwirrung“ herrschen.

Als im Frühjahr 2002 nach gut sechs Jahren Verhandelns und Verschiebens innerhalb der ESA- und EU-Gremien endlich der offizielle Startschuss für Galileo fiel, war dies daher erst der Anfang für weitere unzählige und zähe Verhandlungsrunden – diesmal mit den USA.

Satellit des Galileo-Systems © ESA

Strittig waren in erster Linie die Frequenzen: Ursprünglich sollte Galileo in einem Frequenzbereich arbeiten, der mit dem bereits vom GPS genutzten überlappt. Damit wäre eine Kompatibilität beider Systeme gewährleistet, im Gegenzug aber auch eine gegenseitige Beeinflussung nicht ausgeschlossen. Die USA forderten daher die EU auf, auf einen anderen Bereich auszuweichen und außerdem das Galileo-Signal abzuschwächen um die Exaktheit des Systems an den weniger genauen zivilen GPS-Bereich anzupassen. Die EU wiederum lehnte dieses Ansinnen als absolut inakzeptabel ab, hätte damit doch Galileo seinen wichtigsten Trumpf gegenüber dem GPS verloren.

Im Frühjahr 2004 erreichte die transatlantische Stimmung in Bezug auf Galileo ihren Tiefpunkt: Nicht nur, dass die EU sich weiterhin in Bezug auf die Frequenzen quer stellte, hatte sie zudem noch Indien und China als Kooperationspartner mit ins „Galileo-Boot“ geholt. Und dies, obwohl die USA massiv interveniert hatte und sowohl der EU als auch den beiden asiatische Staaten mit Sanktionen zu drohen versuchte. Wie der Spiegel berichtete, soll sogar US-Präsident George W. Bush persönlich massiv auf den amtierenden EU-Ratspräsidenten, Silvio Berlusconi, eingewirkt haben, um das bereits vereinbarte Abkommen zu kippen.

Das Vorhaben „globales Navigationsnetz“ schien gescheitert. Doch nur wenige Monate später löste sich alles in Wohlgefallen auf: Nach jahrelangem Hickhack hatten die beiden Verhandlungspartner tatsächlich doch noch einen „kleinsten gemeinsamen Nenner“ gefunden: Die EU erklärte sich dazu bereit, für Galileo einen separaten Frequenzbereich zu nutzen und die Kompatibilität nur über ein gemeinsames Basisignal sicherzustellen. Die USA im Gegenzug rückten von ihren Forderungen nach Herabsetzung der Genauigkeit ab.

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Politisch gesehen dürfte Galileo damit die schwersten Hürden hinter sich haben…

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Stand: 13.08.2004

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Galileo
Europas Satellitennavigationssystem auf dem Weg ins All

Emanzipation mit Hindernissen
Europas langer Weg zum eigenen System

Transatlantische Frequenzstörung
Galileo zwischen Kompromiss und Unabhängigkeit

Satelliten, Atomuhren und Funksignale
Wie funktioniert Satellitennavigation?

Signal an Empfänger
Ortung mit Hindernissen

Zu Lande, zu Wasser und in der Luft...
Einsatzmöglichkeiten für Galileo im Verkehr

Olympische Generalprobe
Galileos Vorstufe EGNOS im Praxistest

Luft, Eis und Wasser
Anwendungen für Galileo in Wissenschaft

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