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Energie

Laser, Röntgenstrahlen oder Ionenbeschuss?

Auf der Suche nach der zündenden Technologie

Auch wenn es bisher noch niemand geschafft hat – die Befürworter der Magneteinschlussfusion können immerhin schon erste Fortschritte auf dem Weg zu einer Zündung des Plasmas vorweisen. Die bisher erfolgreichste Versuchsanlage JET – Joint European Torus – schaffte es 1997, bis auf den Faktor sechs an die zur Zündung erforderlichen Bedingungen heranzukommen. Werte, die die an der Trägheitsfusion forschenden Wissenschaftler eher vor Neid erblassen lassen.

Laserkanonen in Aktion © DOE

Dabei klingt ihre Methode im Prinzip so einfach: Man nehme ein erbsengroßes Hohlkügelchen aus gefrorenem Deuterium und Tritium und fülle es mit dem Dampf der beiden Brennstoffe. Dann heize man die äußere Schicht so stark und schnell auf, dass sie schlagartig verdampft und dabei das Gas im Inneren plötzlich komprimiert. Innerhalb von einer Milliardstel Sekunde verdichtet sich dort Material um mehr als das tausendfache und wird zu Plasma. Dichte und Hitze lassen die Teilchen kollidieren – die Atomkerne fusionieren.

Leider hat das schöne Konzept einen Haken: Noch ist niemandem so recht klar, wie sich die plötzliche und starke Hitze für die Zündung am besten erzeugen läßt: Direkt oder indirekt? Mithilfe von Lasern oder Ionenstrahlen?

Nach den Berechnungen der Wissenschaftler müssten ein bis zwei Megajoule an Energie ausreichen, um die Zündung auszulösen. Dies entspricht in etwa der Energie, die gebraucht wird, um zwei Tassen Kaffee zu kochen. Da diese Energie aber auf winzigste Sekundenbruchteile konzentriert werden muss, entspricht die Stromstärke , die sich als Energie pro Zeiteinheit definiert, immerhin dem tausendfachen der gesamten elektrischen Kapazität der Vereinigten Staaten.

Und nicht nur dass: Bei einer direkten Zündung müssten die Energieimpulse zudem auch noch völlig gleichmäßig auf die winzige Brennkapsel einwirken. Nur dann verdampft das Material der äußeren Schicht gleichzeitig und übt von allen Seiten den nötigen Druck auf das Kapselinnere aus. Angesichts der enormen Energiemengen, die dabei mit großer Präzision manipuliert werden müssten, haben sich viele Fusionsforscher von vornherein für eine indirekte Variante entschieden. Ihre Maxime dabei: Nur halb so effektiv – aber dafür vielleicht machbar.

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Für diese Methode sitzt die winzige Brennstoffkapsel in einem etwa fingerhutgroßen Hohlzylinder aus Blei oder anderen schweren Elementen. Die Energieimpulse treten über zwei kleine Öffnungen an jedem Ende des Zylinders ein, treffen auf die Innenwände des Hohlraums und lassen sie teilweise verdampfen. Dies setzt wiederum Energie in Form von Röntgenstrahlen frei, die von den Hohlraumwänden mehrfach reflektiert werden. Sie erhitzen die Brennstoffkapsel, bis die Zündung erfolgt. Durch die wiederholte Reflektion und Umwandlung der Strahlen ist die indirekte Methode zwar nur halb so effektiv wie die direkte Variante, andererseits kann mit ihr eine extrem gleichmäßige Verdichtung und Erhitzung erreicht werden.

Unter anderem deshalb entschieden sich die Initiatoren der in den USA geplanten „National Ignition Facility“ (NIF) bei ihrem milliardenschweren Projekt ebenfalls für eine indirekte Variante. Ab 2004 sollen dabei 192 der weltstärksten Laser ihre geballte Energie von 500.00 Gigawatt auf den winzigen Hohlraum mit dem Brennstoffkügelchen schießen. Obwohl die verwendeten Laser vermutlich nicht für einen Dauerbetrieb in einem Fusionskraftwerk geeignet sein werden, da sie nur alle drei Stunden einen Schuß abgeben können, erhoffen sich die Wissenschaftler dennoch wichtige Erkenntnisse über das mögliche Design eines kommerziellen Reaktors.

Als wahrscheinlichere Alternative zu den fußballfeldgroßen Laserkanonen des NIF kommen hochbeschleunigte Schwerionen – Xenon, Quecksilber oder Blei – in Frage. Sie hätten den Vorteil, Energiestöße sehr schnell hintereinander abgeben zu können. Bisher allerdings ist noch kein Teilchenbeschleuniger in der Lage, einen genügend starken und ausreichend fokussierten Ionenstrahl zu produzieren. Nach Meinung von Roger Bangerter, dem Leiter des Fusionsprogramms an der Berkeley Universität, könnten sich allerdings die technischen Herausforderungen einer solchen Entwicklung als weitaus weniger problematisch erweisen, als der Zwang, die Kosten eines solchen Projekts möglichst gering zu halten…

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Stand: 26.03.2000

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