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Botanik

Rosaceae und das „schlafende“ Auge

Wie funktioniert Rosenveredelung?

Eine erfolgreiche Rosenveredelung erlaubt es, durch die Kombination verschiedener Arten die jeweiligen Vorzüge in nur einer Rose zu vereinen. © pixabay.com, punchra

Was haben duftende Rosen, saftige Pflaumen und knackige Mandelkerne gemeinsam? Sie entstammen der Pflanzenfamilie Rosaceae und weisen hinsichtlich ihrer Vermehrung eine Besonderheit auf: die Anlage so genannter schlafender Knospen bzw. Augen. Was es damit auf sich hat und wie Sie diese für die Zucht neuer Sorten nutzen können, verraten wir Ihnen hier:
Was “schlafende” Knospen sind

Ursprünglich dienen schlafende Knospen der Pflanze zur Wiederherstellung verlorengegangener Teile. Sie werden in der Wachstumsphase angelegt; entwickeln sich jedoch nicht weiter – sondern verharren in einer Art Bereitschaft. Erst wenn die Pflanze im Laufe ihres Lebens ein wichtiges Organ verliert, beginnen die schlafenden Knospen auszutreiben. Je nachdem, an welcher Stelle des Gewächses sie auf ihren Einsatz gewartet haben, entsteht aus ihnen ein Zweig, eine Ranke oder im Bedarfsfall sogar ein neuer Pflanzenstamm.

Die Zucht mit schlafenden Knospen

Diese Regenerationsfähigkeit machen sich Züchter zu Nutze: Sie trennen die schlafenden Knospen einer Rosaceae-Pflanze ab und setzen sie auf eine andere. Durch die Verwandtschaft wachsen beide Teile zusammen und bilden eine neue Sorte – ohne dass eine Bestäubung erfolgen muss, deren Ausgang den Mendelschen Gesetzen unterliegt und daher Überraschungen bergen kann. Mit dem Versetzen der schlafenden Knospen lassen sich die bevorzugten Eigenschaften verschiedener Blumen oder Früchte auf kurzem Weg kombinieren und nutzen.

Das Versetzen schlafender Knospen

Das Gelingen einer solchen Veredelung galt lange Zeit als außerordentliches fachliches Können. Wie es auch Laien schaffen, die Vorzüge einzelner Sorten in einer Pflanze zu vereinen, erklären Experten vom Blumenversand FloraPrima am plakativen Beispiel eines roten und eines weißen Rosenstocks: Um die dunklen Blüten auf das hellblühende Gewächs zu setzen, müssen Sie alle Triebe und Blätter der roten Rose entfernen. Über den ehemaligen Ansatzpunkten am nunmehr kahlen Stängel sitzen die schlafenden Knospen, die Sie mit einem steril gemachten Messer herausschneiden. Anschließend ritzen Sie den Stamm des weißen Rosenstocks an und legen die herausgetrennten Knospen vorsichtig in die Vertiefungen. Zur Fixierung umwickeln Sie die betreffenden Stellen straff mit breitem Gummiband.

Ein ganz natürlicher Eingriff

Mit dem Einsetzen der schlafenden Knospen in die Zielpflanze ist Ihr Anteil an der Zuchtarbeit erledigt. Der weiße Rosenstock wird innerhalb weniger Wochen neue Triebe bilden, die rote Blüten tragen – und damit zweifarbig blühen. Schneiden Sie seine ursprünglichen Triebe komplett ab und entfernen die dafür angelegten Ersatz-Knospen, bleibt ein rein roter Rosenstock zurück. In unserem Beispiel ergibt dieses Vorgehen natürlich wenig Sinn; bei der Veredlung von Wildrosen aber ist es gang und gäbe. Die aus der Zusammenführung entstehende Sorte besitzt die gleiche Robustheit wie die Ursprungspflanze; trägt jedoch die oftmals größeren, farblich intensiveren und stärker duftenden Blüten des „Ersatzteilspenders“.

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Nicht nur auf Blumen anwendbar

Das Versetzen schlafender Knospen ist nicht nur bei Blumen möglich. Auch Obstbäume und Beerensträucher aus der Pflanzenfamilie Rosaceae können auf die beschriebene Weise veredelt werden. Hierbei genügt ein einfaches Anritzen des Stammes jedoch nicht. Um schlafende Knospen eines Apfelbaums auf einem anderen anzusiedeln, müssen Sie die Zielstelle in bestimmter Weise präparieren. Alternativ lassen sich bei größeren Gewächsen ganze Pflanzenteile versetzen. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema…

(Der Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem externen Autor Claus Mühlfeld., 31.07.2018 – )

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