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Medizin

Schädliche HDL-Cholesterin Genmutation?

Kardiosvaskuläre Erkrankungen

HDL-Cholesterin wird gemeinhin als "gutes Cholesterin" bezeichnet, da es Cholesterin aus dem Körper transportiert und so vor kardiovaskulären Erkrankungen schützen soll. © shutterstock/ Jarun Ontakrai

Viel HDL-Cholesterin im Blut reduziert das Risiko für Herzkrankheiten. So steht es bisher in den Lehrbüchern der klassischen Schulmedizin und wird seit Jahrzehnten als medizinischer Grundsatz verwendet. Bei einer kürzlich durchgeführten amerikanischen Studie konnte jetzt nachgewiesen werden, dass trotz hoher HDL-Werte eine kardiosvaskuläre Erkrankung nicht ausgeschlossen werden kann. Ist damit der HDL-Grundsatz obsolet?

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Gutes HDL-Cholesterin nur eine Hypothese?

Aus medizinischer Sicht gilt es nach wie vor, dass HDL-Cholesterin vasoprotektive Eigenschaften besitzt. Ebenso gilt als erwiesen, dass eine Senkung der LDL-Werte mittels Cholesterinsenkern (Statine) das kardiovaskuläre Risiko erheblich reduziert. Diese medizinischen Leitlinien werden von US-Forschern durch ihre Studie im Prinzip auch nicht unbedingt angezweifelt. Allerdings basiert die Kenntnis über die protektive Wirkung des sogenannten „guten“ HDL-Cholesterins am ehesten auf rein hypothetischen Grundlagen.

Gutes HDL, böses LDL

In der Medizin wird zwischen „gutem“ und „schlechtem“ Cholesterin unterschieden. Damit Fett im Blut besser transportiert werden kann, wird es vom Körper mit einer speziellen Eiweißhülle aus Lipoprotein ausgestattet. Während das Low-Density Lipoprotein (LDL) für den Transport des Cholesterin in den Körper verantwortlich ist , sorgt das High-Denisty-Lipoprotein (HDL) für den Abtransport. Dabei wird das Cholesterin durch die LDL-Teilchen an den Wänden der Blutgefäße abgelagert und von den HDL-Partikeln abgebaut und an die Leber transferiert.

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Überwiegt die Ablagerungsmenge, kann atheriosklerotischer Plaque entstehen. Das bedeutet, die Gefäßwände verdicken sich beziehungsweise verhärten, was eine Störung der Durchblutung zur Folge hat. Dadurch entsteht ein beachtliches hohes Risiko für Herzerkrankungen.

Daher wird das LDL-Cholesterin allgemein auch als „böses LDL“ bezeichnet, während das HDL-Cholesterin den guten Part übernimmt und eine solche koronare Erkrankung verhindert. Unter diesem Aspekt wird heute bei einer Lipidtherapie der Cholesterinspiegel durch Medikamente angehoben, um so einer Herz-Kreislauf-Erkrankung vorzubeugen.

Zweifelhaft gutes HDL-Cholesterin

Allerdings bestehen seit einigen Jahren Zweifel an der positiven Wirkung von hohen
Cholesterinwerten. Experimentelle Tierversuche untermauern diese Annahme. So konnte bei Mäusen, denen ein bestimmtes Gen fehlt, trotz hoher Cholesterinwerte eine Gefäßverkalkung festgestellt werden. Bei dem Versuch wurden die hohen Cholesterinwerte der Mäuse durch das Ausschalten des Gens SCARB1 künstlich erzeugt. Das Gen ist zuständig für den Transport des Cholesterins in die Leber. Wird dieser Transport gestört, kommt es zu erhöhten Cholesterinwerten im Blut. (ScienceMag, 2016, 10.1126/science.aaf4175)

Das wissenschaftliche Team um Dr. Daniel Rader der University of Pennsylvania hat nun gezielt beim Menschen nach diesem Gendefekt gesucht. Bei der Versuchsreihe wurden bei 328 Personen mit auffallend hohen HDL- Cholesterinwerten Gene sequenziert, die mit dem Lipidstoffwechsel assoziiert werden. Bei der wissenschaftlichen Untersuchung konnte eine 67 Jahre alte Versuchsteilnehmerin ermittelt werden, bei der eine Mutation in den SCARB1 -Genen feststellbar war. Ein HDL-Transport in die Leber war somit nicht möglich. Durch die Studie konnten die amerikanischen Forscher nachweisen, dass die Wertschätzung des HDL-Cholesterin als sogenanntes „gutes Cholesterin“ zumindest bei Menschen, die das besagte mutierte Erbgut aufweisen, nicht zutreffend ist. (Spiegel, 2016)

Genmutationen als neue Basis für Antikörper-Präparate

Somit scheint es erwiesen, dass Genmutationen das Risiko einer Herzerkrankung deutlich verringern. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam um Professor Dr. Heribert Schunkert vom deutschen Herzzentrum der Technischen Universität München. Den Wissenschaftlern ist es in einer groß angelegten Vergleichsstudie gelungen bei 200.000 Versuchsteilnehmern rund 13.000 verschiedene Gene zu untersuchen. Unter den Teilnehmern befanden sich sowohl gesunde Menschen als auch Patienten mit koronarer Herzinsuffizienz. Bei der Untersuchung wurden zwei neue Genmutationen (ANGPTL4 und SVEP1) identifiziert, bei denen die Möglichkeit besteht, dass protektive Eigenschaft vorliegen. (NEJM, 2016, DOI: 10.1056/NEJMoa1507652)

Laut Aussage des Studienleiters wird mittlerweile vermehrt davon ausgegangen, dass HDL-Cholestorol keine wirklich nachweisbare protektive Wirkung hat. Daher muss die Forschung in Bezug auf das HDL-Cholesterin in Zukunft vor allem unter Berücksichtigung der Genetik fortgeführt werden.

(, 01.04.2016 – )

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