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Technik

Smarter Fahrersitz, der auf Gesten reagiert

Fraunhofer-Gesellschaft

Viele Berufskraftfahrer leiden unter Rückenproblemen. Eine Ursache: Fahrzeugsitze, die unzureichend auf den jeweiligen Fahrer eingestellt sind. Fraunhofer-Forscher haben jetzt gemeinsam mit der Isringhausen GmbH & Co. KG einen Fahrersitz entwickelt, der sich über einfache Handbewegungen in Form und Position anpassen lässt.

Langes Sitzen und wenig Bewegung gehören für Berufskraftfahrer zum Arbeitsalltag: Durchschnittlich neun Stunden pro Tag verbringen sie in der Fahrzeugkabine. Die Folge: Viele Fahrer haben irgendwann Probleme mit dem Rücken. Krankenkassen konnten in Untersuchungen nachweisen, dass ein Fahrersitz, der in Form und Position auf die Person am Steuer angepasst ist, Rückenleiden effektiv entgegenwirken kann. Zwar verfügen die meisten Lkw-Sitze über eine große Auswahl an Einstellmöglichkeiten – diese werden aber von einem Großteil der Fahrer nur sporadisch genutzt, da die Bedienung komplex ist und die Zeit für eine korrekte Einstellung oftmals fehlt.

Ein neues, intuitives Bedienkonzept soll dies ändern: Forscher des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC in Würzburg haben in Kooperation mit der Isringhausen GmbH & Co. KG einen Fahrzeugsitz entwickelt, der sich intuitiv über Gesten justieren lässt. »Wir nutzen dazu eine sensorbasierte Gestensteuerung im Fahrersitz«, erklärt Johannes Ehrlich vom Center Smart Materials (CeSMa) des Fraunhofer ISC. »Mit Hilfe einfacher Handbewegungen kann der Fahrer den Sitz vor und zurück sowie nach oben und unten fahren. Außerdem kann er auf die gleiche Weise die Neigung der Oberschenkelstütze und der Rückenlehne individuell einstellen.«

Sensoren, die auf Handwischen reagieren

Damit der Sitz auf die Gesten des Fahrers reagiert, integrierten die Wissenschaftler verschiedene Sensoren in die Seitenabdeckung aus Kunststoff. Piezosensoren – das sind Sensoren, die auf Druck reagieren – sorgen dafür, dass die Gestensteuerung aktiviert wird: Der Nutzer muss dazu einen bestimmten Punkt an der Seitenabdeckung kurz drücken. »So verhindern wir, dass die Gestensteuerung ungewollt ausgelöst wird«, erklärt Ehrlich. Außerdem lassen sich über diesen Punkt durch mehrmaliges Drücken Sitzpositionen abspeichern. Das ist sinnvoll, wenn mehrere Fahrer einen Lkw nutzen. Die Gestenerkennung erfolgt über Näherungssensoren, die ebenfalls in der Seitenabdeckung verbaut sind. Sie können kleinste Änderungen von elektrischen Feldern in der Umgebung erfassen, wie sie etwa durch Handbewegungen hervorgerufen werden. Eine ebenfalls am ISC entwickelte Software wertet diese Sensoren aus und leitet daraus die Bewegungsrichtung der Hand ab. Die Anordnung der Sensoren in der Seitenabdeckung ist dabei entscheidend: »Wir haben auf der relativ begrenzten Fläche die Elektroden so angebracht, dass die erforderlichen Steuerungsgesten einfach und ergonomisch günstig sind«, erläutert Ehrlich. Darüber hinaus gewährleistet eine intelligente Algorithmik in der Software, dass mehrere Elektroden gleichzeitig ausgewertet werden können, um eine Fehlbedienung zu reduzieren.

Um den Sitz einzustellen, führt der Fahrer entlang der Seitenabdeckung kurze Handbewegungen aus – man kann sich das in etwa vorstellen wie das »Wischen« bei Touchscreens. Das heißt, er muss die Abdeckung dabei leicht berühren. Je nach Bewegungsrichtung der Geste (hoch-runter, vor-zurück oder diagonal) werden die einzelnen Sitzelemente angepasst. Hat der Bediener seine Einstellungen vorgenommen, wird die Gestensteuerung automatisch beendet, sobald die Hand sich aus dem Sensorbereich entfernt. Über eine aufleuchtende LED erhält der Fahrer die Rückmeldung, ob seine Gesten erfasst werden konnten.

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Derzeit konzentrieren sich die Projektpartner auf das Marktsegment Nutzfahrzeuge. Langfristig ist der gestengesteuerte Sitz aber auch für Mittel- oder Oberklassewagen interessant, um den Komfort für den Fahrer zu erhöhen.

(Fraunhofer-Gesellschaft, 03.08.2015 – AKR)

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