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Technik

Graphen: vom Wundermaterial zur Anwendung im Mobilfunk

Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF

Seine theoretischen Eigenschaften machten Graphen über Nacht zum »Wundermaterial«: 200 mal härter als Stahl, 6 mal so leicht, reißfest aber biegsam, umweltverträglich und das dünnste Material der Welt. Nur eine Atomlage, etwa ein Hunderttausendstel eines menschlichen Kopfhaars dick, bleibt es dennoch bemerkenswert leitfähig. Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF sollen die Eigenschaften nun in der Praxis zum Einsatz kommen: als nahezu masselose Elektrode für piezoelektrische Resonatoren, wie sie in Bandpassfiltern von Smartphones eingesetzt werden.

GSM, UMTS, LTE, WiFi, Bluetooth – um nur eine kleine Auswahl der Funkstandards, die heute selbstverständlicher Bestandteil der mobilen Kommunikation sind, zu nennen. Für alle diese Funkstandards wäre die Signalverarbeitung ohne eine Frequenzfilterung nicht zu schaffen. Mikroakustische piezoelektrische Resonatoren sind hierfür die am Markt vorherrschende Technologie. Die Theorie sagt für diese Resonatoren beste Schwingungs-eigenschaften voraus, wenn die zur Anregung der Schwingung verwendete Elektrode sehr leicht wird. Der am leichtesten denkbaren Elektrode kommt elektrisch leitfähiges Graphen am nächsten.

»Die heute üblicherweise eingesetzten Metallelektroden dämpfen durch ihre Masse – ähnlich wie Filz auf einer Klaviersaite – die Schwingungen der Resonatoren und mindern die Signaltrennungsschärfe in Bandpassfiltern. Während man die Metallelektroden aber nicht beliebig dünnen kann, um ihre Masse und damit die Dämpfung zu reduzieren, bleibt Graphen selbst als atomar dünne Elektrode immer noch elektrisch leitfähig.«, erklärt Dr. René Hoffmann, der am Fraunhofer IAF die Graphenforschung leitet. Mit solch dünnen Graphenelektroden rücken die mechanischen Gütefaktoren der Resonatoren nahe an das theoretische Ideal. Schafft man es die Schwingungseigenschaften der piezoelektrischen Resonatoren zu verbessern und höhere Kopplungsfaktoren zu erzielen, steigen die Signaltrennungsschärfe und die Energieeffizienz der Filter. Die Herausforderung dabei ist es, die nahezu masselosen Graphenelektroden mit den gängigen Mobilfunk-Bauteilen aus piezoelektrischem Aluminiumnitrid zu verbinden.

Industrie-kompatible Technologien zur Graphen-Abscheidung

Als einer der Partner im »Graphene Flagship«, der größten Förderinitiative in der Geschichte der Europäischen Union, arbeitet das Fraunhofer IAF in Zusammenarbeit mit der EPCOS AG, einem Unternehmen der TDK Group, an einer effizienten Technologie zur Graphen-Abscheidung und dem Graphen-Transfer auf Aluminiumnitrid. So erstaunlich es ist, Graphen als atomar dünnes Material überhaupt herstellen und verarbeiten zu können, so schwer ist es, dies in einem industriellen Maßstab zu tun. Viele der möglichen Anwendungen von Graphen scheitern noch, da die Herstellung des Materials noch zu aufwendig ist. Die Entwicklung von wirtschaftlichen Herstellungs- und Verarbeitungstechnologien ist daher ein Muss, um die herausragenden theoretischen Eigenschaften von Graphen in der Praxis zu nutzen.

Ein vielversprechender Ansatz zur Graphen-Abscheidung auf großen Substraten, wie sie in der Halbleiterindustrie typisch sind, ist die chemische Gasphasenabscheidung. Hierbei wird eine Katalysatoroberfläche, zum Beispiel Kupfer, auf nahezu 1000 °C erhitzt, bis sich kohlenstoffhaltiges Gas auf der heißen Oberfläche zersetzt und zu Graphen reorganisiert. Zukünftig soll dieses Prinzip gemeinsam mit EPCOS zur Industrie-kompatiblen Technologie für die direkte Integration von Graphen auf Aluminiumnitrid-basierte Bandpassfilter weiterentwickelt werden.

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(Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF, 23.03.2015 – AKR)

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