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Technik

Physiker messen Reibung in einem Schmiermittel auf molekularer Ebene

Universität des Saarlandes

Reibung ist ein Phänomen, das im Alltag immer wieder auftritt. Um Energieverluste durch Reibungskräfte etwa beim Auto zu vermeiden, setzen Ingenieure auf Schmiermittel. Saarbrücker Physiker um Judith Hoth und Professor Roland Bennewitz haben ein neues Verfahren entwickelt, um diese Kräfte in Schmierstoffen auf molekularer Ebene zu messen. Dabei konnten sie den schichtartigen molekularen Aufbau des eigentlich flüssigen Schmierstoffs deutlicher sehen als mit bislang gängigen Methoden. Zudem haben sie gezeigt, dass die Reibung umso größer ist, je näher die einzelne molekulare Schicht an der Oberfläche des Materials liegt. Die Industrie könnte dies nutzen, um Reibung gezielt zu steuern.

Reibung entsteht immer dort, wo zwei Gegenstände sich zueinander bewegen. Wenn ein Auto zum Beispiel auf der Straße beschleunigt, entsteht zwischen dem Autoreifen und der Straße Reibung. In vielen Fällen ist diese Kraft unerwünscht, etwa wenn sie als Luftwiderstand zum Energieverbrauch des Autos beiträgt. Um die Reibung herabzusetzen, kommen daher bei vielen technischen Prozessen Schmierstoffe zum Einsatz, zum Beispiel in Form von Ölen oder Graphit.

Geschmolzene Salze als Schmierstoff

Eine relativ neue Form von Schmierstoffen stellen sogenannte ionische Flüssigkeiten dar, die derzeit aber noch wenig Verwendung finden. „Diese Flüssigkeiten sind eigentlich geschmolzene Salze“, sagt Judith Hoth. Im Gegensatz zum Kochsalz liegt dieses Salz in flüssiger Form vor. Es hält hohen Druck und hohe Temperaturen aus und verdampft nicht im Vakuum. „Kommen ionische Flüssigkeiten mit einer elektrisch geladenen Oberfläche in Kontakt, bilden sie Schichten aus“, erklärt die Physikerin weiter. „Die Anzahl der Schichten hängt dabei davon ab, wie stark die Bindung zur Oberfläche ist.“

Wie Reibungskräfte auf diese Schichten wirken, haben Physiker der Universität des Saarlandes und des Leibniz-Instituts für Neue Materialien in einer Studie mit einem neuen Verfahren am Rasterkraftmikroskop untersucht. Bislang kam so ein Mikroskop zum Einsatz, um Reibung zum Beispiel zwischen zwei Oberflächen im Schmierstoff zu messen und nicht die Reibung im Schmiermittel selbst, wie es die Saarbrücker Physiker nun getan haben. Hoth und ihre Kollegen haben bei ihrem Ansatz die Reibung zwischen der Messspitze des Mikroskops und einer Goldoberfläche gemessen, während sich die Spitze in einer ionischen Flüssigkeit der Oberfläche nähert.

Mehrere Schichten für volle Schmierwirkung

Um herauszufinden, welche Reibung dort entsteht, haben die Forscher für jede Schicht die Kräfte gemessen, die senkrecht und seitlich auf die Schicht einwirken (Vertikal- und Lateralkräfte). „Mit unserer Methode haben wir die Schichtstruktur stärker gesehen, als dies bislang möglich war“, erklärt Hoth. So konnten die Forscher zum Beispiel zeigen, dass die ionische Flüssigkeit in ihrem Versuch zwölf Schichten gebildet hat – eine Anzahl, die bislang noch nicht beobachtet werden konnte. Das experimentelle Ergebnis konnte mittels einer Theorie des Saarbrücker Materialwissenschaftlers Martin Müser im Detail beschrieben werden. Darüber hinaus haben die Physiker herausgefunden, dass die Reibungskraft in der Schicht, die am nächsten zur Goldoberfläche ist, mit Abstand am größten ist. Mehrere Schichten der ionischen Flüssigkeit entwickelten dagegen ihre volle Schmierwirkung.

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Für die Industrie könnten die Ergebnisse der Studie von Bedeutung sein: „Man könnte die Reibungskräfte bei einem solchen Schmiermittel künftig gezielt steuern, indem man je nach Bedarf die Anzahl der Schichten ändert“, sagt Hoth.

(Universität des Saarlandes, 17.07.2014 – AKR)

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