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Technik

Laser-Beschleuniger: Erste Messergebnisse zur Polarisation des Kernspins veröffentlicht

Forschungszentrum Jülich

Kompakte Laser-Plasma-Beschleuniger sind im Begriff, klassische Teilchenbeschleuniger in immer mehr Bereichen zu ersetzen. Möglicherweise lassen sie sich auch als Quelle für polarisierte Teilchenstrahlen nutzen, wie erste Messungen von Jülicher und Düsseldorfer Wissenschaftlern nahelegen. Derartige Teilchenstrahlen werden für hochpräzise kernphysikalische Experimente benötigt. In Kombination mit der neuen Beschleunigertechnologie können sie darüber hinaus neue Ansätze für die Fusionsenergie eröffnen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Physics of Plasmas“ veröffentlicht.

Teilchenbeschleuniger sind ein unverzichtbares Werkzeug in vielen Feldern der Naturwissenschaften und Medizin. Sie geben Aufschluss über die Struktur und Eigenschaften der Materie. Zu medizinischen Zwecken eingesetzt helfen sie, Tumore zu entfernen und Kontrastmittel für bildgebende Verfahren zu gewinnen. Die hochenergetischen Teilchen, die benötigt werden, lassen sich mit herkömmlichen Beschleunigern allerdings nur mit hohem Aufwand gewinnen. Die Maschinen sind sehr komplexe, große und kostspielige Einrichtungen. Entsprechende Anlagen sind daher nur eingeschränkt verfügbar.

Teilchenbeschleuniger im gewöhnlichen Labor

Beschleuniger, die mit Laserpulsen höchster Intensität arbeiten, können Teilchen dagegen schon in gewöhnlichen Laborräumen auf die notwendigen Geschwindigkeiten bringen – bei entsprechend geringerem Aufwand für Anschaffung und Betrieb. Die erste Generation dieser neuen Beschleunigertechnologie befindet sich seit einigen Jahren im Einsatz und wird seitdem für verschiedene neue Anwendungsfelder weiterentwickelt.

Die Arbeitsgruppe von Prof. Markus Büscher arbeitet daran, diese sogenannten Laser-Plasma-Beschleuniger für klassische Physikexperimente einzusetzen. „Wir haben eine Methode entwickelt, die es erstmals ermöglicht, die Polarisation der Teilchen an Laser-Beschleunigern zu messen. Dabei hat sich gezeigt, dass der sogenannte Spin oder Eigendrehimpuls der Protonen nicht durch die starken elektromagnetischen Felder ausgerichtet wird, die innerhalb des vom Laser erzeugten Plasmas vorherrschen“, erklärt der am Jülicher Peter Grünberg Institut sowie an der Düsseldorfer Universität tätige Physiker. Damit ist eine wichtige Voraussetzung erfüllt, um Laser zur Beschleunigung polarisierter Teilchen einzusetzen. Ob dies tatsächlich funktioniert, soll sich im Laufe des Jahres zeigen.

Die zugrundeliegenden Streuexperimente haben die Wissenschaftler an der Universität Düsseldorf durchgeführt und anschließend mit Ergebnissen verglichen, die mit konventionellen Teilchenbeschleunigern gewonnen wurden. Der Arcturus-Laser, der bei den Versuchen zum Einsatz kam, liefert hochintensive Terawatt-Pulse. Mit ihm werden Teilchen auf einige MeV beschleunigt. „Um die Intensität im Fokus mit gewöhnlichem Licht zu erzielen, müsste man das gesamte Licht, das von der Sonne auf die Erde fällt, auf eine Bleistiftspitze bündeln“, verdeutlicht Prof. Oswald Willi vom Düsseldorfer Institut für Laser- und Plasmaphysik. „Ein Laserpuls ist dafür aber auch nur extrem kurz und dauert nicht viel länger als eine Billiardstel Sekunde.“

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Neue Option für die Fusion

Die gemessene Polarisation beschreibt die Ausrichtung der Spins. Normalerweise zeigen die Spins von Atomen, Atomkernen und Elektronen statistisch gleichmäßig in alle Richtungen. Sind die Spins dagegen gleich ausgerichtet, spricht man von einem polarisierten Teilchenstrahl. Dessen Eigenschaften bieten mehrere Vorteile. Die Polarisation reduziert die Anzahl der Freiheitsgrade bei kernphysikalischen Experimenten. Das erhöht die Aussagekraft der gemessenen Werte. Und es kann die Wahrscheinlichkeit – den sogenannten Wirkungsquerschnitt –, dass eine Reaktion zwischen zwei aufeinander treffenden Teilchen, stattfindet erhöhen.

„Aus der Vergrößerung des Wirkungsquerschnitts können sich völlig neue Anwendungsmöglichkeiten ergeben“, erläutert Markus Büscher. „Insbesondere die Energieausbeute von Fusionsreaktoren, zum Beispiel vom ITER-Typ, ließe sich mit polarisierten Teilchen um ein Vielfaches steigern.“ Die Entwicklung von Fusionsreaktoren zielt darauf ab, aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie zu gewinnen. Ähnliche Prozesse finden auch im Innern der Sonne statt. Wenn es gelingt, sie eines Tages auf der Erde zu kontrollieren, kann die Fusion praktisch unerschöpfliche Mengen an sicherer und günstiger Energie liefern.

(Physics of Plasmas, 2014; doi: 10.1063/1.4865096)

(Forschungszentrum Jülich, 18.02.2014 – AKR)

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