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Medizintechnik

Künstliches Kniegelenk: Kunststoff reibt Metall ab

Universitätsklinikum Heidelberg

Biomechaniker Privatdozent Dr. Jan Philippe Kretzer von der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg untersuchte erstmals den Verschleiß der Metallkomponenten in Knie-Endoprothesen und ist dafür von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie ausgezeichnet worden. Seine Ergebnisse tragen dazu bei, die Implantate weiter zu verbessern. Es gelangen zwar nur winzige Spuren des Metalls in den Körper, diese könnten aber bei Problemen mit der Prothese von Bedeutung sein.

Forschung zur Verbesserung künstlicher Kniegelenke, in denen Metall- und Kunststoffkomponenten aufeinander reiben, konzentrierte sich bisher hauptsächlich auf die Schwachstelle des Gelenks, den weicheren Kunststoff. Privatdozent Dr. Jan Philippe Kretzer, Biomechaniker der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg, zeigte mit seinem Team erstmals, dass auch die metallische Gelenkfläche verschleißt: Rund 10 Prozent aller Partikel, die sich während mehrjähriger Belastung aus der Prothese lösen, sind metallisch.

Soll zukünftig der Abrieb der Implantate weiter verringert werden, darf dieser Faktor nicht außer Acht gelassen werden. Insgesamt gelangen zwar nur geringste Mengen der Metall- und Kunststoffpartikel in den Körper, diese könnten aber langfristig Abbauprozesse der umgebenden Knochen und damit die Lockerung der Prothese fördern. Für seine Ergebnisse ist PD Dr. Kretzer mit dem Heinz-Mittelmeier-Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie ausgezeichnet worden.

Hohe Belastung

In Deutschland erhalten rund 160.000 Menschen pro Jahr einen Kniegelenksersatz. Dieser besteht aus zwei Metallkomponenten, die im Knochen verankert werden und die beschädigten Gelenkanteile in Oberschenkelknochen und Schienbein ersetzen. Zwischen diesen Metallkomponenten befindet sich eine Kunststoffeinlage, die verhindert, dass die Metalloberflächen direkt aufeinander reiben. Der im Vergleich zu Metall weicherer Kunststoff (Polyethylen) ist damit über die Jahre einer großen Belastung ausgesetzt, durch den Abrieb lösen sich kontinuierlich kleinste Partikel.

Die gelösten Kunststoffpartikel stehen in Verdacht, langfristig den Knochenabbau in unmittelbarer Umgebung des Implantats zu fördern. Es wird daher intensiv daran geforscht, den Verschleiß der Implantate zu verringern. „Dass sich auch aus der widerstandsfähigeren Metalloberfläche eine relevante Menge an Partikeln löst, haben wir nicht erwartet“, sagt Kretzer, Leiter des Labors für Biomechanik und Implantat-Forschung an der Orthopädischen Universitätsklinik. „Dieser Abrieb könnte bei Problemen mit künstlichen Kniegelenken ebenfalls eine Rolle spielen und sollte daher nicht vernachlässigt werden.“ So leiden einige Patienten nach der Implantation weiterhin unter Schmerzen am Knie, die – wie Erfahrungen mit künstlichen Hüftgelenken vermuten lassen – mit dem metallischen Abrieb zusammenhängen könnten.

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Bewegungssimulator hilft bei Abrieb-Analyse

Für die Studie ahmten die Heidelberger Biomechaniker die dreijährige Belastung eines gängigen Implantatsystems im Bewegungssimulator realitätsgetreu nach. Gelöste Partikel sammelten sich in der Flüssigkeit, die im Simulator das Gelenk umspült, und wurden mit Hilfe hochauflösender Massenspektrometrie (HR-ICP-MS) analysiert. Während der gesamten Belastung lösten sich 0,8 Milligramm, das ist weniger als ein Tausendstel Gramm, Metall, darunter Chrom und Titan, sowie rund 7 Milligramm Kunststoff. Der Anteil der Metallpartikel am gesamten Verschleiß betrug damit rund zwölf Prozent. Klinische Untersuchungen sollen nun zeigen, welche Mengen der Verschleißpartikel ins Blut von Patienten mit Knie-Prothesen gelangen und welche Auswirkungen sie haben. „Die Konzentrationen der Metallpartikel sind aber extrem gering und daher wahrscheinlich gesundheitlich unbedenklich“, sagt Kretzer.

Doch warum wird die Metalloberfläche des künstlichen Kniegelenks überhaupt von der weicheren Kunststoffkomponente abgerieben? Erst wenn die Wissenschaftler diese Frage geklärt haben, können sie den Metallabrieb bei zukünftigen Implantaten verringern.

(Universitätsklinikum Heidelberg, 05.04.2013 – KBE)

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