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Genetik

Genregulation – Die Übersetzer des genetischen Codes 2.0

Ludwig-Maximilians-Universität München

Unsere Erbanlagen sind in den Genen festgelegt – aber welche Informationen umgesetzt werden, legen chemische Modifikationen der DNA fest. Eine neue Studie zeigt, welche Proteine diesen erweiterten genetischen Code lesen und weitergeben.

Die Eigenschaften aller Organismen sind in den Genen festgelegt – die Abfolge der vier Nukleinbasen Adenin, Guanin, Thymin und Cytosin in der DNA codiert in allen Zellen den Bauplan des Lebens. Aber um zu entscheiden, welches Gen wann aktiv ist, benötigt die Zelle noch eine zweite Informationsebene, die über den reinen Gencode hinaus reicht: Nur so können unterschiedliche Zelltypen spezifisch jeweils die Gene aktivieren, die für ihre Funktion wichtig sind.

Wissenschaftler um Professor Thomas Carell vom Department Chemie der LMU konnten nun gemeinsam mit der Gruppe von Professor Michiel Vermeulen (Universität Utrecht, Niederlande) zeigen, wie die Genregulation auf dieser zweiten Ebene funktioniert. Eine wesentliche Rolle spielen dabei vier neue DNA-Basen: Das methylierte Cytosin-Derivat 5-Methylcytosin (mC) sowie drei erst in den letzten Jahren entdeckte Basen, die durch Oxidation aus mC hervorgehen: 5-Hydroxymethylcytosin (hmC), das 2011 von Carells Gruppe entdeckte 5’-Formylcytosin (fC) sowie 5’-Carboxycytosin (caC).

Die Methylierung der DNA – also das Übertragen einer Methylgruppe auf Nukleinbasen – spielt bei der Stilllegung von Genen eine wichtige Rolle. Seit 2009 ist bekannt, dass mC die Genaktivität vermindert, die Funktion der anderen Cytosin-Derivate dagegen ist noch nicht vollständig geklärt. In enger Zusammenarbeit mit dem LMU-Biologen Professor Heinrich Leonhardt gelang es den Wissenschaftlern nun zum ersten Mal, mithilfe ausgefeilter Analysen die Proteine zu identifizieren, die in Stammzellen, Nervenzellen und neuralen Vorläuferzellen der Maus spezifisch an die neuen Basen binden – und so Rückschlüsse auf deren Funktion erlauben.

Die Studie zeigte, dass die neuen Basen sehr spezifisch mit bestimmten Proteinen interagieren, und es nur wenige Überlappungen gibt – jede Oxidationsstufe also spezifische Funktionen übernimmt. Rekrutiert werden insbesondere bestimmte Transkriptionsregulatoren, aber auch zahlreiche DNA-Reparaturproteine. „Die DNA-Reparaturproteine erkennen die fC und caC Basen und schneiden sie heraus, um sie am Ende durch unmethyliertes Cytosin zu ersetzen. Somit scheinen DNA-Reparaturmechanismen auch bei der Genaktivierung eine wichtige Rolle zu spielen“, sagt Carell.

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Die Wissenschaftler nehmen an, dass die neuen Basen insbesondere bei der Entwicklung embryonaler Stammzellen zu spezialisierten adulten Zellen eine wichtige Rolle spielen. Sie ermöglichen Genen auch, zwischen aktiven und inaktiven Phasen zu wechseln – dies ist insbesondere für Nervenzellen essentiell, die sich zwar nicht mehr teilen, aber trotzdem auf Umwelteinflüsse reagieren müssen. Welche Proteine die Botschaft der neuen Basen lesen und weitergeben, ist somit von großer Bedeutung für das Verständnis der zellulären Mechanismen.

(Ludwig-Maximilians-Universität München, 01.03.2013 – NPO)

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